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1987
2025

Eschhaus

Unabhängiges Jugendzentrum (UJZ)

Gemeinsam mit dem KOMM in Nürnberg war das Eschhaus das älteste selbstverwaltete Jugend- bzw. Kulturzentrum der alten BRD. Beide Zentren wurden bereits 1974 eröffnet. Das Eschhaus organisierte sich basisdemokratisch über Vollversammlungen und einen gewählten Beirat. Städtische Institutionen waren nicht eingebunden. Die Stadt stellte lediglich das Gebäude zur Verfügung und unterstützte finanziell mit Zuschüssen, zum Beispiel für die Energiekosten. Finanziell trug sich das Eschhaus mit Einnahmen aus Kursen, Konzerten und Disco-Veranstaltungen weitestgehend selbst. Das gelang nicht immer, so dass finanzielle Schwierigkeiten ein steter Begleiter des Eschhauses bis zur Schließung im Juni 1987 waren.

Das Eschhaus war ein politisches, linksautonomes Zentrum und damit ein Spiegelbild der politischen Konflikte bzw. Kämpfe der Achtziger Jahre. Die Anti-AKW-Bewegung, die Hausbesetzer-Szene, Null-Tarif-Kampagnen für den öffentlichen Nahverkehr, Antifa-Arbeit, feministische Gruppen und Diskussionen über die Haftbedingungen von RAF-Mitgliedern sind Beispiele hierfür.  Mit dem monatlich erscheinenden Eschhausheft konnten Diskussionen und Standpunkte wirksam in die Öffentlichkeit getragen werden. Es versteht sich fast von selbst, dass das Eschhaus damit oftmals im direkten Konflikt mit der in Duisburg dauerregierenden SPD stand. Von der oppositionellen CDU ganz zu schweigen. Die politische Arbeit des Eschhauses war dadurch oftmals Gegenstand von Skandalisierungen durch die lokale Presse. Drogenprobleme, die durch Besucher des Eschhauses entstanden, taten ihr Übriges, um dem Eschhaus das Image eines gefährlichen Ortes zu geben.

Kulturell hatte das Eschhaus in den Achtzigern ein breitgefächertes Programm zu bieten. Mittwochs wurde mit Unterstützung der Atlas-Film regelmäßig ein Kinoprogramm auf die Beine gestellt. Es gab eine Theatergruppe mit eigenen Produktionen und Gastspiele von anderen Theatern, wie dem Grips-Theater aus Berlin. Und natürlich gab es zahlreiche Konzerte. Darunter größere Namen, wie Ton Steine Scherben, Peter Brötzmann und BAP. 1980 hielt der Punk im Eschhaus Einzug. Willi Wucher, Herausgeber des Ungewollt-Fanzines, veranstalte mehrere Konzerte mit der ersten Welle deutscher Punkbands, so dass u. a. Auftritte vom K.F.C., Hass und den Buttocks im Eschhaus verbrieft sind. Ab 1985 organisierte dann der D.H.C (Duisburger Hardcore Club) regelmäßig Gigs im Eschhaus. Die große Mitachtziger Welle der europäischen und auch amerikanischen Hardcore-Bands machte so in Duisburg Station. Eine Phase, die fotografisch und filmisch überraschend gut dokumentiert ist. Ein weiterer musikalischer Schwerpunkt des Eschhauses war sicherlich Free-Jazz bzw. Improv.

Die Cashcows für das umfangreiche und oftmals anspruchsvolle Kulturprogramm waren Einnahmen aus den fast täglich stattfindenden Kursen und in erster Linie das samstägliche Rock-Café. Dann tanzten mehrere hundert Besucher zu den Klängen von DJs, die sich aus den Reihen der regelmäßigen Besuchern speisten. Helmut Loeven öffnete zum Rock-Café auch seinen kleinen Buchladen, der sich in einem Nebenraum zum großen Veranstaltungsraum befand.

Das Ende des Eschhauses wurde durch einen zunehmend eskalierenden Streit mit der Stadt wegen des real bestehenden Lärmproblems eingeläutet. Das Eschhaus befand sich in einem Wohngebiet und selbst im Eschhausheft wurde eingeräumt, dass es kein Vergnügen sei, in unmittelbarer Nähe zu wohnen. Versuche, mit finanzieller Unterstützung der Stadt, das Lärmproblem in den Griff zu bekommen, scheiterten an der Nichtbereitschaft der Stadt, Gelder dafür locker zu machen. Der öffentliche Lärmstreit übertünchte dabei die Tatsache, dass für den Ort längst ein anderer Bebauungsplan vorgesehen war.

In der Nachschau könnte man das Ende des Eschhauses im Jahr 1987 vielleicht als gerade noch rechtzeitiges Ende einordnen. Die linken Bewegungen der Achtziger verloren an Schwungkraft und intern stand eine „Professionalisierung“ der Strukturen an. Dem Eschhaus blieb somit eine Transformation zu einem soziokulturellen Zentrum mit professioneller Geschäftsführung und einem Programm abseits politischer Debatten erspart. Der heute legendäre Ruf des Eschhauses besteht nicht zuletzt deswegen.

Foto oben [2025]: T. Gallie | Foto oben [1987]: Michael Schiplage

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