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1980er
2025

Garageland – Plattenladen

Die Idee einen Independent-Plattenladen zu eröffnen, reifte in der Erftstraße 9. Dort befand sich das Redaktionsbüro des „Achtzig/zwanzig – Magazins, welches von Peter Dietz, Bernd Kalus und Roland Sowa gegründet wurde. Wir befinden uns im Jahre 1983 und Stadtmagazine dieser Art mit Veranstaltungskalender entstanden in den Achtzigern in vielen Städten. Achtzig/zwanzig stand für 80 % Kultur und 20 % Politik. Zur Redaktion gehörten auch Rolf Menrath und Lothar Röse (dort unter dem Pseudonym „todomoto“). Rolf & Lothar besprachen Platten fürs Magazin und viel Vinyl wurde als Abo-Prämien versandt. Da lag die Idee nahe, Platten in einem eigenen Geschäft zu verkaufen.

Ein Ladenlokal wurde auf der Grabenstraße 77 in Duisburg-Neudorf gefunden. Am 01.11.1983 eröffnete dort das Garageland. Die Hausnummer war ein echter Glücksfall, denn 1977 veröffentlichten The Clash ihre erste LP und „Garageland“ war ein Albumtrack.

Lothar erzählt, dass das Garageland im Geiste John Peel`s eröffnet wurde. Dies bedeutete ein breites musikalisches Spektrum aus Reggae, Dub, Post-Punk, Punk, Experimente, Industrial … aber kein Mainstream, keine Charts, kein „Corporate Rock“. Independent war die große Klammer. Rolf war darüber hinaus ein Experte für karibische Musik. Für kurze Zeit fand auch der Duisburger Teil des Trikont Verlages eine Heimat im Garageland.

Die Kunden*innen beschreiben das Garageland in der Rückschau als Türöffner, manchmal sogar als Erziehungsberechtigten. Hier gab es Platten, die in anderen Läden nicht zu bekommen waren und hier kam man vielleicht zum ersten Mal mit speziellen Genres oder kleinen Labels in Berührung.

Das Personal gab dabei Orientierung. Der Einstieg für Neukunden*innen war dabei nicht immer einfach. Der Wille zur Abgrenzung, den man als Arroganz missverstehen konnte, sorgte dafür, dass sich die Kundschaft zuerst vorsichtig näherte. Diese Unsicherheit legte sich nach ein paar Besuchen, denn man wurde ein Teil des Stamms. Die Mitarbeiter*innen waren mehr Fans als Verkäufer. Man schrieb für Stadtmagazine oder die Spex, spielte in Bands, arbeitete als DJ im Old Daddy und traf sich mit der Kundschaft auf Konzerten. Es wurden auch Garageland Showcases organisiert. Die fanden aber nicht in Duisburg sondern in Oberhausen im Zentrum Altenberg statt. Mark Stewart spielte da zum Beispiel.

Auch Lothar legte auf. Im Basement auf dem Sternbuschweg und weit vor der Garageland-Zeit im Eschhaus. Im Gespräch räumt er mit einer Legende auf. Die besagt, dass Lothar im Eschhaus das DJ-Pult mit Stacheldraht umwickelt hätte, um ungestört das Publikum des Rock-Café mit neuen Klängen zu konfrontieren. Den Stacheldraht hat es nie gegeben, aber als Metapher lässt Lothar die Geschichte gelten. „Nag Nag Nag“ (Cabaret Voltaire) statt des gewohnten „(I can’t get no) satisfaction“ konnte zum Disput mit den unwilligen Gästen führen.

Übrigens schwebte nicht nur John Peel`s Geist über den Laden, denn der leibhaftige John Peel besuchte die Grabenstraße 77 ab und an. Um Freunde zu treffen und um Platten aus der Karibik-Abteilung zu kaufen. Der langjährige Mitarbeiter Stolle kann sich daran erinnern. Salsa und Soca, denn alles andere hatte Peel schon daheim im Schrank stehen.

Anfang der Neunziger verkauften Rolf & Lothar das Garageland. Lothar nahm einen Job bei Rough Trade an. Dann wurde der Laden wieder verkauft. Dann zog man auf die Gutenbergstraße in die Innenstadt. Dort hatte der Geist von John Peel das Gebäude längst verlassen.

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